Manchmal spürt unser Körper Dinge, lange bevor unser Verstand sie begreift.
Ich hörte kürzlich folgende Geschichte:
Ein Mann war allein wandern – ein klarer Tag, Sonne, kein Mensch weit und breit.
Plötzlich bemerkte er, dass sein Herz schneller schlug, seine Atmung flacher wurde, und ein feines Unbehagen in ihm aufstieg.
Er blieb stehen, konnte sich das Gefühl aber nicht erklären.
Später stellte sich heraus, dass in der Nähe tatsächlich ein Bär war.
Sein Körper hatte die Gefahr längst wahrgenommen – über Gerüche, Geräusche oder subtile Signale –, bevor sein bewusster Verstand sie erfassen konnte.
Diese Geschichte zeigt:
Unser Körper ist viel klüger, als wir oft glauben.
Er nimmt ständig Informationen auf – über die Umgebung, über andere Menschen, über uns selbst.
Doch wir haben oft verlernt, auf diese Signale zu hören.
INTEROZEPTION - WAS BEDEUTET DAS?
In der Forschung nennt man diese Fähigkeit, innere Körperempfindungen wahrzunehmen, Interozeption.
Sie beschreibt, wie gut wir unseren Herzschlag, unsere Atmung, unsere Muskelspannung oder den Zustand unseres Körpers spüren können – und wie wir diese Signale deuten.
Studien zeigen:
Menschen mit einer ausgeprägten Interozeption reagieren nicht nur bewusster auf Stress, sondern regulieren ihre Emotionen häufig besser.
Eine Untersuchung der Universität Essen-Duisburg fand zum Beispiel heraus, dass ein verbessertes Körperbewusstsein eng mit emotionaler Stabilität und Selbstmitgefühl verknüpft
ist.
Je besser wir spüren, was in uns vorgeht, desto klarer können wir verstehen, was wir wirklich brauchen.
DIE VERBINDUNG ZUM YOGA
Im Yoga ist diese innere Wahrnehmung seit jeher ein zentrales Element.
Patanjali spricht im Yoga Sutra von Svādhyāya – der Selbstbeobachtung,
einem der fünf Niyamas.
Während Svādhyāya oft als das Studium der Schriften verstanden wird, bedeutet es auch, uns selbst zu erforschen:
den Körper, den Atem, die Gedanken und die subtilen Empfindungen, die alles miteinander verweben.
Wenn wir auf der Matte stehen, üben wir genau das:
- Wir spüren, wo Spannung ist, wo Weite entsteht, wann der Atem fließt oder stockt.
- Wir lernen, die leisen Signale unseres Körpers zu bemerken, statt sie zu übergehen.
- Und manchmal ist genau das der Moment, in dem sich etwas verändert – nicht, weil wir etwas „tun“, sondern weil wir beginnen, zuzuhören.
ASANAS, UM DIE FEINEN SIGNALE UNSERES KÖRPERS BESSER ZU HÖREN
Der Körper sendet uns ständig Botschaften – doch oft hören wir sie erst, wenn sie laut werden.
In der Yogapraxis lernen wir, die leisen Signale wahrzunehmen:
ein Zittern in der Haltung, ein feines Pulsieren, den Rhythmus des Atems.
Gerade in Positionen, die Balance, Kraft und Stabilität erfordern, wird diese Wahrnehmung geschult.
- Vasisthasana – Seitliche Planke
In dieser Haltung spüren wir deutlich, wie der Körper reagiert, wenn er aus der Mitte jeraus stark ist..
Es braucht Konzentration, Stabilität im Rumpf und gleichzeitig Offenheit im Herzen.
Die Balance zwischen Anspannung und Weite ist spürbar – eine Einladung, nicht nur den Körper, sondern auch die feinen Impulse darunter zu hören.
- Sarvangasana – Schulterstand
Der Schulterstand bringt die Welt sanft auf den Kopf.
Die Perspektive verändert sich, der Atem verlangsamt sich, und das Herz kommt über den Kopf – sinnbildlich wie körperlich.
Diese Haltung öffnet einen inneren Raum, in dem du die Sprache des Körpers klarer hören kannst:
den Puls, den Atem, das leise Pochen der Lebendigkeit.
- Viparita Karani – Beine an der Wand
Eine Haltung des Loslassens und der Regeneration.
Während das Blut sanft zum Herzen zurückfließt, darf der Geist still werden.
Du kannst beobachten, wie Ruhe sich im Körper ausbreitet - nicht gemacht, sondern geschehen.
In diesen drei Haltungen und im Prinzip natürlich auch in allen anderen Asanas kannst du fein und intensiv auf die Signale deines Körpers achten und diese als Kompass einsetzen.
ÄTHERISCHE ÖLE
- Black Spruce – Schwarzfichte
Dieses Öl erinnert uns daran, auf die Rhythmen und Bedürfnisse des Körpers zu hören.
Es unterstützt dabei, die eigene Energie zu regulieren – nicht ständig „auf Anschlag“ zu leben, sondern zu spüren, wann Aktivität und wann Ruhe gut tun.
Ein Aroma, das erdet und gleichzeitig sanft aufrichtet.
- Fennel – Fenchel
Fenchel stärkt die Verbindung zu Körper und Selbst, besonders dann, wenn wir uns von uns selbst entfernt haben oder erschöpft sind.
Er lädt ein, auf die leisen Signale des Körpers zu achten – auf das kleine Ziehen, die Müdigkeit, die Wärme, die sich ausbreitet, wenn wir wieder bei uns ankommen.
- Grapefruit – Grapefruit
Grapefruit erinnert uns daran, unseren Körper zu achten und zu lieben.
Sie hilft, alte Muster von Selbstkritik oder Überforderung loszulassen und stattdessen Dankbarkeit und Wertschätzung zu kultivieren.
Ein Öl, das Leichtigkeit schenkt – und das Gefühl, im eigenen Körper wirklich zuhause zu sein.
ZUM SCHLUSS
Auf die Zeichen meines Körpers zu achten, fällt mir natürlich besonders dann leicht, wenn etwas nicht im Lot ist.
Dann frage ich mich: Was läuft schief?
Vielleicht kennst du das auch.
Die lauten Signale – Schmerzen, Erschöpfung, Unruhe – sind selten zu überhören.
Aber die feinen Nuancen wahrzunehmen, diesen kleinen Impulsen zu vertrauen – das darf ich weiter üben.
Ich merke immer wieder, wie sehr mein Körper mich trägt, wie viel er leistet, oft ohne dass ich ihm genug Aufmerksamkeit schenke.
Das achtsame Wahrnehmen, Pflegen und Nähren meines Körpers – durch Bewegung, gute Ernährung, ausreichend Schlaf und vor allem durch Pausen – ist ein Prozess, der wachsen darf.
Wie geht es dir damit?
REFLEXIONSFRAGEN FÜR DICH
-
Wann hast du das letzte Mal bewusst in deinen Körper hineingespürt – ohne ihn zu bewerten?
-
Welche Signale sendet dein Körper dir gerade? Was möchte er dir vielleicht mitteilen?
-
Gibt es Momente, in denen du die feinen Zeichen übergehst oder ihnen nicht vertraust?
-
Was könntest du in den nächsten Tagen tun, um deinen Körper ein kleines Stück liebevoller zu begleiten?

Kommentar schreiben