Wer stark sein will, darf schwach sein – Traust du dich?

„Wie geht es dir?“

 

 

Eine einfache Frage – und doch oft so schwer ehrlich zu beantworten.


Wie oft sagen wir automatisch „gut“, obwohl wir uns innerlich gar nicht so fühlen?

 

Vielleicht aus Angst, schwach oder verletzlich zu wirken.

 

 

Doch genau diese Verletzlichkeit ist es, die uns tief mit anderen verbindet.

 

Sie schafft Vertrauen, Nähe und Authentizität.

 

 

 

Warum Verletzlichkeit wichtig ist – auch wissenschaftlich

 

 

Studien zeigen: Menschen, die sich verletzlich zeigen, werden oft authentischer und vertrauenswürdiger wahrgenommen und erfahren dadurch mehr soziale Unterstützung.

 

Und das ist auch nur verständlich – wenn es jemandem immer gut geht und jeder Schmerz hinter einem Lächeln versteckt ist, können wir diese Person nicht wirklich fühlen.

 

Wir sind verunsichert, weil wir merken: da ist etwas nicht echt – etwas wird verborgen.

 

 

Verletzlichkeit weckt Empathie – andere erkennen in unseren offenen Gefühlen etwas von sich selbst.

 

Als soziale Wesen fühlen wir uns viel tiefer verbunden, wenn wir ins Vertrauen gezogen werden und uns nicht nur die Sonnenseiten gezeigt werden.

 

 

Forschungen zur Resilienz zeigen, dass das Eingeständnis von Schwächen langfristig sogar die psychische Widerstandskraft stärkt, weil wir lernen, echte Verbindungen einzugehen, statt alles allein tragen zu müssen.

 

Es ist gut, wenn wir uns und anderen eingestehen, dass es Momente der Verletzlichkeit gibt: Wir verbinden uns, fühlen uns geborgen und gleichzeitig wächst unsere Widerstandskraft – zum einen durch das Aussprechen und die Selbstreflexion, zum anderen durch die Unterstützung anderer.

 

 

Es gibt also kaum ein Argument, darauf zu verzichten, sich verletzlich zu zeigen – es sei denn, du befindest dich in einem Umfeld, das nur darauf wartet, diese Offenheit gegen dich zu wenden.

 

Doch ehrlich:

 

Was machst du in so einem Umfeld?

 

Verlasse es lieber und finde einen Raum, in dem du als Mensch gesehen, respektiert und wahrgenommen wirst.

 

 

 

Yogische Perspektiven: Verletzlichkeit, Ahimsa & Sthira Sukham Āsanam

 

 

Im Yogasutra wird Ahimsa – Gewaltlosigkeit – als erstes der Yamas beschrieben (Sutra II.30).

 

Oft verstehen wir darunter, niemandem Leid zuzufügen.

 

Doch Ahimsa richtet sich auch nach innen: Wie sanft und liebevoll gehen wir mit uns selbst um?


Wenn wir Masken tragen, um stark zu wirken, üben wir subtil Gewalt an uns selbst.

 

Verletzlichkeit dagegen ist ein Ausdruck von Selbstfreundlichkeit – ein Schritt zu mehr Echtheit.

 

 

Ein weiterer Schlüssel ist Sthira Sukham Āsanam (Sutra II.46) – „eine Haltung ist stabil und zugleich leicht“.


Auf der Matte heißt das: Kraft und Weichheit, Erdung und Weite gleichzeitig zu kultivieren.


Übertragen auf das Leben bedeutet es:

 

Wir können mutig und klar auftreten (Sthira), ohne unsere innere Weichheit zu verlieren (Sukha).

 

 

Wenn wir uns verletzlich zeigen, verbinden wir diese beiden Qualitäten:

 

Wir stehen stabil zu uns selbst – und lassen dennoch Weichheit zu.

 

Genau darin liegt die Kraft, die Nähe zu anderen schafft.

 

 

 

Asanas für Mut & Verletzlichkeit

 

  • Matsyasana (Fisch) – Herzöffner, lädt ein, das Brustbein zu heben, den Raum des Herzens freizugeben und bewusst offen zu sein.

  • Ustrasana (Kamel) – tiefe Rückbeuge, die Mut erfordert, sich nach hinten zu öffnen. Symbolisch für Vertrauen und Hingabe.

  • Setu Bandhasana (Brücke) – Stabilität in Beinen und Becken, während sich der Brustkorb öffnet. Ein Bild für Stärke im Fundament, die Verletzlichkeit ermöglicht.

  • Urdhva Dhanurasana (Rad) – fortgeschrittene Variante der Brücke: kraftvolle Herzöffnung, die Stärke, Mut und Vertrauen in den eigenen Körper erfordert. Ausdruck von „Ich halte es aus, offen zu sein“.

 

Ätherische Öle

  • Spanish Sage – fordert dazu auf, die eigene Verletzlichkeit anzunehmen, sich dem Akzeptieren zu stellen und ehrlich mit belastenden Erfahrungen umzugehen, gleichzeitig dankbar für jeden guten Moment zu sein.

  • Black Pepper / Schwarzer Pfeffer – weckt innere Stärke und Authentizität, hilft uns, Masken fallen zu lassen und uns so zu zeigen, wie wir sind.

  • Wild Orange / Wilde Orange – inspiriert Freude und Leichtigkeit, öffnet das Herz, belebt den Geist und erinnert daran, die kleinen Glücksmomente bewusst wahrzunehmen.

 

 

Zum Schluss

 

 

Ich durfte bereits oft erleben, dass es mich immer näher zu anderen bringt, wenn ich meine Verletzlichkeit zeige – sei es, weil Menschen mir ihre Sorgen anvertrauen oder ich mein Herz ausschütten darf.

 

 

Es ist somit ein großes Geschenk, Verletzlichkeit zuzulassen:

 

  • Für dich: Freiheit, nicht perfekt sein zu müssen.

  • Für andere: Die Erlaubnis, sich ebenfalls zu öffnen.

  • Für Beziehungen: Vertrauen, Tiefe und Nähe, die keine Perfektion schaffen könnte.

 

 

Reflexionsfragen

 

  • Wann habe ich zuletzt ehrlich auf die Frage „Wie geht es dir?“ geantwortet?

  • Wo und wem gegenüber könnte ich mich ab sofort verletzlicher zeigen?

  • Was würde es für meine Beziehungen bedeuten, wenn ich mehr Offenheit zulasse?

  • Welche Stärke steckt in meiner Verletzlichkeit?

 

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